Zugegeben: Die Zimmer in unserem Ibis in Yffiniac haben Jugendherbergsqualität. Und zwar aus den 60er Jahren. Umso erstaunlicher, dass wir recht gut im Restaurant gegessen haben. Hinzu kommt ein überaus freundliches Personal, das darum bittet, rechtzeitig informiert zu werden, wenn wir frühstücken wollten. Man würde entsprechend mehr Croissants und Baguettes einkaufen. Rührend! Das Frühstück schenken wir uns dennoch und machen uns auf den Weg nach Binic an die Küste. Die Xies sind schon mal vorgefahren.
Am Strassenrand schnappen wir uns ein paar Croissants und Chouquettes, so etwas wie superleichte Madeleines mit Hagelzucker. In Binic entdecken wir unsere Bande schon am ersten Rondell, leider wohl blind und taub geworden. Wir halten in Rufweite, das ganze Café nimmt uns wahr – bis auf die beiden. Aber es reicht dann doch fürs gemeinsame Käffchen zu den mitgebrachten Backwaren. In Deutschland würden sie durchdrehen, brächte man eigene Croissants mit, in dieser Bar bekommt man sogar noch Tipps für einen guten Bäcker.
Über dem Hafen von Binic liegt dichter Nebel. Dennoch machen wir beide uns auf den Weg und gehen die ganze Runde, besichtigen auf dem Rückweg noch die örtliche Kirche, die Notre Dame de Bon Voyage, die völlig auf Pomp verzichtet. Sehr schön! Einem Zeitplan kann man entnehmen, wann der Geistliche predigt – für einen eigenen Priester ist die Gemeinde mut ihren knapp 4000 Einwohnern einfach zu klein.
Wie heissen die Dörfer und die Buchten, in die wir kurze Zeit darauf fahren? Gelesen, genossen, vergessen… An einem besonders schönen Stückchen Land finden wir einen Fischereibetrieb mitsamt Restaurant vor. Les Viviers de St Marc sind geschlossen. Statt zu essen wandern wir ein Stück auf dem GR 34 die Küste entlang, passieren Sträucher mit noch nicht ganz reifen Brombeeren und spähen durch Heidelbeeren auf die nebelverhangene Küste. Es ist mit 22 Grad warm und sehr angenehm, hier zu laufen. Der GR 34 ist übrigens der berühmten Zöllnerweg, der rund um die bretonische Küsten führt und fast 2000 Kilometer lang ist. Er beginnt am Mont Saint-Michel und endet in Saint-Nazaire. Wir sind beeindruckt von unserem kleinen Stückchen Trampelpfad.
Zwar ist das nächste Ziel Paimpol, aber ein winziges Hinweisschild bringt uns vom Weg ab: Bar à Huitres. Mal gucken. Wir landen in einer Bucht mit schummerigem Nebelblick auf Austernbänke und einer Bar, die direkt neben dem Betrieb liegt, dem Ferme Marine Paimpolaise. Meeresfrische Austern with a view – umwerfend. Da müssen wir wohl mit den Xies noch mal hin.
Der Besuch der halb verfallenen und irgendwie doch noch ganz gut erhaltenen mittelalterlichen Abtei Beauport aus dem frühen 13. Jahrhundert erfreut das Auge, aber apropos Kultur fragen wir uns: Wo sind eigentlich unsere Freunde abgeblieben?
Die treffen wir nach kurzer Wanderung durch Paimpol wieder. In einem Café. Was wird aus uns? Wo werden wir wohnen, bis wir bei Sonia, mit der wir regen Kontakt pflegen, in Cléder einziehen?Kurzentschlossen buchen wir ein Fischerhaus in Küstennähe für zwei Nächte. Und fahren auch direkt nach Saint-Quai-Portrieux. Zwar finden wir die Hütte, aber niemanden, der einem öffnet. Nach langem Hin und Her mit booking und einer entnervten Vermieterin haben wir einen Code für ein verborgenes Kästchen, darin befindet sich der Schlüssel. Eigentlich haben wir schon alle keine Lust mehr auf die blöde Fischerbutze. Aber sie entpuppt sich von innen besser als von aussen; wir tun das, was wir immer tun: Wir arrangieren uns.
Und überlegen, wie wir uns ernähren wollen. Die Wahl fällt auf Le Crapaud Rouge in Tréveneuc. Die rote Kröte direkt am Meer hatten Juan und ich schon vorher auf unserer Erkundungstour gesehen. Wir sitzen gemütlich auf der Terrasse und trinken der untergehenden Sonne mit einem Muscadet zu. Der Laden ist spezialisiert auf Muscheln, aber es gibt auch Crevetten und mehr. Wir schlemmen und trinken und lachen und wissen, wie verdammt gut es uns geht.