Es wird dunkel in Phnom Penh und über dem Mekong braut sich ein heftiges Gewitter zusammen. Mit einem Gin Tonic in der Hand verfolgen wir die ersten Blitze, bleiben aber unerschrocken auf der Liege am kleinen Infinity Pool mit Blick auf einen der zehn größten Flüsse der Welt liegen. Das ist so einer der Momente, in denen ich mich heimlich kurz kneife. Ist das wirklich alles wahr? Erleben wir das wirklich alles so? Zeit mal wieder für ein kleines Dankgebet 🙂
Hinter uns liegt ein ebenso langer wie ereignisreicher Tag. Kurz nach sieben Check-Out aus unserem wirklich empfehlenswerten Hotel Alagon in Saigon. Mit dem Taxi bei beginnender Gluthitze den kurzen Weg rüber ins Backpacker-Viertel. Wir haben beide schlecht und viel zu kurz geschlafen. Juan ist immer noch nicht wieder ganz gesund, mein Hals murmelt auch fiese Sachen. Vor dem Minibüro der Giant Ibis-Flotte warten wir geduldig auf unseren Bus. Zu dieser Zeit ist die ganze Strasse in Bewegung, Busse fahren in alle Himmelsrichtungen. Kurz nach acht ist auch unser Bus da. Klimaanlage, wifi, Wasser, Filme, deren Ton man prima ausschalten kann – die Kiste ist voll, außer uns sind vielleicht noch sechs Westler an Bord, die überwiegende Mehrheit fährt nach Hause, nach Kambodscha. Es dauert über eine Stunde, bis sich der Bus durch Ho Chi Minh City gequält hat. Danach sammelt der Tour Guide alle Pässe ein (irgendwie kein gutes Gefühl), von allen, die kein Visum für Kambodscha haben, zusätzlich 35 Dollar. Also von uns auch.
Wir fahren durch riesige Reisfelder, überqueren Flüsse und sehen interessante Dörfer. Ich habe letztlich schon Genickstarre, weil ich mich nicht sattsehen kann. Der überwiegende Teil des Busses schläft natürlich wieder einmal. Nach rund drei Stunden kommen wir an die Grenze. Alle raus, alle durch die Immigration. Wir sind hier natürlich nicht die einzigen und es dauert, bis alle namentlich aufgerufen werden. Undeutlich verstehe ich meinen Namen, im nächsten Moment habe ich meinen Pass wieder in Händen.
Nun wird es ein bisschen gespenstisch: Zwischen Vietnam und Kambodscha, also im Niemandsland, wurde ein riesiger Duty Freeshop gebaut. In der zugehörigen Cafeteria gibt es einen schnellen Lunch, bezahlt wird in US Dollar, 30 Minuten Pause. Gespenstisch ist es deshalb, weil die meisten Läden noch nicht bezogen sind. Es gibt zwar ein bisschen Kosmetik und Alkohol, aber vor allem gähnende Leere. Mittlerweile war unser Guide tätig, an der kambodschanischen Grenze drückt er uns die Pässe, nun mit Visum, wieder in die Hand, wir hinterlassen Irisfoto und Fingerabdrücke und befinden uns in Kambodscha.
Das erste, was wir von diesem Land sehen: Casinos, Casinos, Casinos. Weil Glücksspiel weder in Vietnam noch in China erlaubt ist, hat sich hier ein interessanter Tourismus entwickelt. Nachdem wir raus sind aus der Vegas-Zone wird es eher beschaulich. Und ganz anders als in Vietnam. Zunächst fällt natürlich auf, dass die Reisstrohhüte fehlen. Hier trägt die Dame Schlapphut. Außerdem fällt sofort ins Auge, dass dieses Land eine lange buddhistische Tradition hat. Viele der Tempelanlagen sind übrigens neu, keine 20 Jahre alt: während der Schreckensherrschaft der Khmer Rouge wurden fast alle Tempel zerstört, jetzt werden sie nach und nach auf den Grundmauern der ehemaligen Tempel wieder aufgebaut. Es fällt aber auch auf, dass hier die meisten Häuser auf Stelzen gebaut sind. Das hat weniger mit wildem Getier als mit großen Überschwemmungen zu tun. Ach so: und die Hautfarbe ist vielfach eine andere – viele Kambodschaner in dieser Gegend sind dunkelhäutig. Bei unserem nächsten Stop, kurz vor der Mekong-Überquerung mit einer rostigen Fähre, fällt ein weiterer Unterschied ins Auge: die Armut, damit verbunden die Bettelei. Kleine Kinder bitten um Geld oder einfach etwas zu essen, umlagern den Bus, bis wir alle etwas abgeben.
Ein paar Stunden später sind wir in Phnom Penh – und gleich auf den ersten Blick begeistert. Der Bus hält beim Nachtmarkt, wir klettern raus und müssen erstmal dringend zu einem ATM – wir haben keinen einzigen Riel (5000 Riel ca. 1 Euro). Erstaunlicherweise fragt die Maschine, ob wir Riel oder US Dollar haben wollen. Ordnungsgemäß schnappen wir uns den Höchstbetrag von 400 000 Riel (ca. 80 Euro). So können wir wenigstens mit dem Fahrer der Motorrikscha verhandeln. „3 Dollar“ will er für die kurze Fahrt ins Hotel Harmony Phnom Phen. Ich zahle in Riel, er gibt mir in Dollar raus. Aha, so funktioniert das also hier… Unser Hotel liegt direkt an einem Markt, hat einen Pool – s. oben 🙂
Wir stellen kaum die Klamotten ab, packen Wertsachen in den Safe – und sind schon am Pool. Toll! Aber trotz der traumhaften Aussicht und des Gins: Wir sind fix und fertig. Und essen deshalb auch gleich im Hotel. Es gibt frische Frühlingsrollen, Tempuragarnelen, Wok-Hühnerfleisch scharf mit Reis und Bratreis mit Rind, dazu Angkor Bier. Für Juan das beste Essen seit Peking mit den Bargmanns. Und er hat recht.
Morgen ist in Kambodscha Nationalfeiertag. Der König – wir sind ja hier in einer konstitutionellen Monarchie – wird wohl eine Art Umzug am Fluss zelebrieren. Das können wir uns ja ansehen…
Hacia Camboya