Dresden. Evakuierung.


Es ist ein bisschen kühler geworden. Um die 5 Grad, als wir uns zu Fuss über die Elbe auf den Weg in die Neustadt machen. Auffällig: An beiden Ufern Polizeisperren, Blaulicht. Was ist denn hier los? Tatort?

Es kümmert uns nicht weiter. Wir schlendern am Goldenen Reiter vorbei durch die Strassen, begutachten Klassizismus, Sozialismus und Jugendstil und stellen fest, dass auf dieser Elbseite offenbar nicht ganz so viele Bomben wie in der historischen Altstadt gefallen sind.

 

Über verschlungene Pfade und nach einem Besuch in der architektonisch schönen, aber inhaltlich eher langweiligen Markthalle suchen wir den schönsten Milchladen der Welt. So heisst es jedenfalls. Die Molkerei Gebrüder Pfund wurde 1892 eröffnet und rundherum mit handbemalten Fliesen von Villeroy & Boch ausgestattet. Vor lauter Dekor sieht man kaum die Käsespezialitäten. In der Hochsaison muss hier die Hölle los sein, heute sind wir fast allein. Fragen artig, ob wir ein paar Bilder machen dürfen und trollen uns bald.

 

Kurz vor dem Albrechtplatz sticht uns ein Vietnamese ins Auge. Mittagstisch, umgeben von Dresdner Dialekt und vietnamesischem Wortschwall. Eine angenehme Mischung.

 

Weil wir um drei schon wieder im Residenzschloss sein müssen, nehmen wir die Strassenbahn zurück in die Altstadt. Komisch. Am Elbufer immer noch viel  Blaulicht.

 

Ein kurzer Sprung ins Hotel bringt Aufklärung. Bei den Räumungsarbeiten der eingestürzten Carolabrücke wurde eine Bombe gefunden. Möglichweise müssten wir evakuiert werden. Bitte Telefonnummer hinterlassen, man würde sich gegebenenfalls melden.

 

Wir gehen erst einmal ins ein paar Minuten entfernte Schloss, haben für 15 Uhr Karten fürs Historische Grüne Gewölbe. Pünktlich geht es in den erlesenen Prunk. Wir dürfen weder Jacke noch Minitasche mitnehmen und betreten das Gewölbe über eine Sicherheitsschleuse. Mit einem Audioguide bewaffnet bestaunen wir den Schatz August des Starken. Unfassbar, was hier zusammengetragen wurde! Unfassbar, dass hier eingebrochen und grosse Mengen Schmuck von unschätzbarem Wert geraubt wurden. Ein Teil wurde wiedergefunden und wird von uns bestaunt, einige grossartige Stücke sind möglicherweise für immer verloren.

 

Kaum zu glauben, was hier alles ausgestellt ist. Schmuck und Kelche, Schalen und Geschmeide faszinieren uns. Im Anschluss sind wir fast zu erledigt, aber dennoch gehen wir noch einen Stock höher ins Grüne Gewölbe, in das man das Täschchen mitnehmen und auch Fotos machen darf. Es bleibt alles unvorstellbar prächtig.

 

Den Abschluss unseres musealen Rausches bieten die Rüstkammer und die türkische Cammee – umwerfend!

 

Und wir haben richtig Schwein gehabt, denn morgen bleiben sämtliche Museen, Schulen, Bäcker und alle anderen hier in der Altstadt geschlossen. Und zwar den ganzen Tag. Mindestens. Wegen der 250-Kilo-Bombe wird grossflächig im Umkreis von 1000 Metern evakuiert. Dazu gehören wir! Im Hotel treffen wir auf eine Rezeptionistin, die gerade sämtliche Gäste zu erreichen versucht. Bis acht Uhr morgens muss das Gebäude geräumt sein. Also werden wir früh auschecken, ins Auto springen und aus der Evakuierungszone abhauen. Höhere Gewalt. Das ficht uns nicht so sehr, denn morgen wollten wir sowieso abreisen.

 

Wollen wir mal hoffen, dass in Dresden mit der Bombenentschärfung alles gut geht.

 

 

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