Morgens müssen wir uns kurz noch mal erinnern, wo wir eigentlich sind. Ach ja, Victorville, Kalifornien. Was wir kunsthistorisch dazu zu berichten haben? Es gibt einen modernen McDonald’s, bei dem wir je einen EggMcMuffin gefrühstückt und einen Kaffee für den Weg geschnappt haben. Damit ist unsere Kenntnis und unser Abenteuer Victorville auch schon erschöpft und wir stürzen uns ins Getümmel.
Dass der Verkehr in Los Angeles grenzwertig ist, wissen wir ja. Aber auch hier auf den Zubringerstrassen ist dermassen viel los, dass wir es kaum fassen. Ohne unsere Navi-Uschi wären wir entweder irgendwo verloren oder total zerstritten. Ich tippe auf beides. So aber ist Uschi diejenige, die uns mit beruhigender Stimme links, rechts und sonstwohin leitet. Das Ziel haben wir vorgegeben: Das Encore Motel in Venice. Die Referenzen bei booking.com sind alle gut, aber man ist sich auch einig, dass man den Laden von aussen erst einmal verdauen muss.
Soooo schlimm ist er nun auch wieder nicht! Das entzückende indische Mädchen im Office (bucket list: Hindi lernen) gibt uns tatsächlich schon halb eins ein Zimmer. Es gibt nicht die Spur zu meckern. Viel Platz, sauberes Bad, Klimaanlage, die keinen Krawall macht, Fan unter der Decke, Kühlschrank, riesiger TV mit HBO und allem Zeuchs – wunderbar.
Wir erholen uns ein bisschen von den ganzen Autobahnen, dann geht es zu Fuss los. Zu Fuss! Endlich befinden wir uns mal wieder in einer Gegend, in der man auch herumlaufen kann. 25, 26 Grad, leichter Seewind – toll! Wir laufen ein paar Kilometer runter an den Pazifik. Mehr muss man mir eigentlich nicht bieten 🙂 Sonne, Wind, Strand und das Meer! Ganz, ganz toll. Auf der Pier sind ein paar Angler, aber es geht alles ganz ruhig zu. Juan entdeckt einen einzigen Pelikan in der Luft. Wo steckt die Bande denn? Das müssen wir noch mal herausfinden.
Venice Beach ist wunderschön, ein paar hundert Meter weiter nördlich zwar immer noch wunderschön, aber auch komplett bekloppt.
Wir befinden uns am Muscle Beach. Was man hier an definierten Körpern sieht, ist nicht von Gott, sondern von viel Arbeit und pharmazeutischer Unterstützung erschaffen worden. Meine Güte, was für Sixpacks! Die Jungs stehen in ihrem Gym-Käfig auch nicht nur ölglänzend rum, sondern schuften sind bis zur Atemlosigkeit aus. Kann man ja gar nicht mit ansehen!
Etwas weiter tobt das berühmt-berüchtigte Venice Beach-Leben. Hier gibt es Gestalten, wie man sie so zuhauf wohl nirgendwo auf der Welt sieht. Alle Hautfarben, alle Ausrichtungen, alle Styles, alle Drogen – puh. Ordentlich etwas los. Wir machen etwas, was wir noch nie gemacht haben: Später Lunch im Sidewalk-Café. Natürlich eine Touristenbude, aber so gemischt, dass es überall etwas zu sehen gibt. Ich halte Ausschau nach dem Two-Coast Bier meines Kollegen Jan Dreier, der seit gefühlten hundert Jahrn in Los Angeles lebt, aber sein Gebräu gibt es hier (noch?) nicht. Also ein anderes, dazu Guacamole und chips, eine Handvoll Wings, beides natürlich geteilt – und das ganze Kino liegt vor uns. Es gibt so schöne Menschen hier, und solche Grottenolme, dass man sie vor Kindern verbergen möchte. Wer kein Tattoo hat, outet sich als garantiert über 40 oder komplett spassbefreit. Viel nackte Haut wird gezeigt, denn einige operative Eingriffe waren offenbar so teuer, dass man das Resultat auch präsentieren möchte. Es gibt alles. Wirklich alles!
Bis zum für 20:08 Uhr geplanten Sonnenuntergang ist noch ein bisschen Zeit. Unsere Füsse müssen sich ans Wandern erst einmal wieder gewöhnen, deshalb nehmen wir für 1 Dollar pro Kopf den Bus, der uns fast vor der Haustür auf dem Washington Boulevard ablädt. Mal ein Stündchen Ruhe ist ja auch etwas Feines!
Auf dem Weg zum Strand erleben wir etwas lange nicht Gefühltes: Uns ist fröstelig! Wir haben die Hoodies im Auto, aber nicht einmal daran gedacht, dass es so kühl werden würde. Naja, bucht klirrend kalt, darum geht es auch. Die Sonne verschwindet im Dunst hinter den Bergen, es wird fast sofort dunkel.
Kurz vorm Motel bremsen wir noch kurz an einer Tankstelle, weil sich der Reifendruck elektronisch gemeldet hat. Inzwischen ist es dunkel, und damit erscheinen auch immer verwegenere Gestalten. Eine davon treffen wir in der dunklen Ecke, in der es Luft gibt. Er quatscht uns natürlich an, will erst die Luft auffüllen, dann für 30 Dollar ein Fahrrad verkaufen. Wir lehnen beides ab, er brabbelt vor sich hin. Das tut er im Zweifel jetzt noch. Eines ist in jedem Sinne sicher: Er ist nicht allein…
Vor 27 Jahren hattde die Muskelmänneram Muscle Beach aber mehr Muckis und definitiv weniger Stoff um ihre Mitte rum…..sprich ein kleines Stückchen elastischens „Nichts“, dass das eben auch wenig vorhandene „Nichts“ bedeckte (Steroide machen zwar Muckis dick und gross …anderes hingegen….) … da machen sich die baggy-Shorts von heute aber besser….