Das feine Licht am Ozean

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Saint Jean der Luz – das klingt genauso fein, wie dieses Örtchen am Atlantik ist. Beim kleinen Frühstück in einer Bar mitten im Leben offenbart sich wieder einmal das Niveau, das diesen Ort prägt. Lässige Eleganz überall, Damen mit ebenso exzellentem wie teurem Blondton, einen Schwung Modemagazine unterm Arm, wohlerzogene Kinder, die kaum heulen, wenn sie von der Bank rollen – schon beim Frühstück bemerkenswertes Theater. Tattoos sieht man hier selten, dafür Polohemden in vielen Farben, Kleidchen mit weniger Glitzer und mehr Klasse als in St. Tropez – die gehobene Mittelschicht erholt sich am Meer.

 

Wir laufen die Uferpromenade entlang und biegen irgendwo in die Innenstadt ein. Les Halles de St. Jean de Luz, die Markthalle. Täglich bis 13 Uhr geöffnet und mit einem überbordenden Angebot an baskischen Spezialitäten. Gebackenes, Geselchtes, natürlich überall Foie gras von der Ente oder der Gans, auch hier frisch, als Confit oder verarbeitet zum Pastetchen… Eine Halle weiter gibt es jeden Fisch, den der Ozean zu bieten hat, dazu eine grosse Auswahl bretonischer Austern. Auf diesem Markt kaufen Einheimische, die nicht so genau auf den Euro, dafür aber auf exquisite Qualität achten. Wir können uns kaum sattsehen… Das wiederum hat zur Folge, dass wir nach dem Halles-Besuch mit gierigem Blick durch die Strassen streunen. Gibt es nicht irgendwo den Traiteur, der uns eine kleine Pâté zu Baguette und Weisswein kredenzt? Wir finden ihn nicht. Ganz Saint Jean sitzt schon wieder in den Restaurants und isst üppig zu Mittag. Nein, das wollen wir nicht…

 

In eine kleinen, zugigen Bar an der Strandpromenade lesen wir dann: Assiette de foie gras. Ja. Das ist es. Der Kellner hat noch nie gehört, dass es soetwas bei ihnen gibt, denn die meisten essen hier Burger. Mit Cheese, mit Bacon, mit beidem. Aber foie gras? Wir zeigen ihm die Menükarte, er erkundigt sich. Tatsächlich. Die Portion – drei Scheibchen – wird geteilt, vom Wein bekommt jeder ein Glas.

 

Der Tag heute ist so ganz anders als gestern. Der Sturm hat sich gelegt, der Strand gefüllt. Es ist der erste Tag des Pfingstwochenendes, es sind reichlich Leute unterwegs, denn auch in Frankreich und Spanien ist der Montag ein Feiertag, also eine gute Gelegenheit für ein langes Wochenende.

 

Bevor wir eine Siesta im Hotel machen, werfen wir noch einen Blick auf das andalusische Festival, das auf einem Teil der Strandpromenade gerade beginnt. Es wird gegessen, getrunken, getanzt und gelacht – Traumstimmung in St. Jean. Ein bisschen wie beim Alstervergnügen…

 

Nach kurzer Pause zieht es uns an den Strand. Aber nicht lange: ein böiger, flacher Wind paniert uns quasi mit dem feinen Sand. Wir packen unser Klamotten und wandern lieber durch den Ort. Ein kurzer Besuch in der wunderschönen Kirche und ein Gedanke an einen Freund, der sich auf die letzte Reise gemacht hat, danach stürzen wir wieder ins kostbare Leben. Beim Rathaus wartet eine Hochzeitsgesellschaft: wirklich schick gemacht. Tolle Kleider, hohe Schuhe, gekonnte Makeups, die Jungs mit Strohhut zum Anzug. Wie bestellt spielt dazu ein Orchester auf. 

 

St. Jean de Luz, dieses feine Licht am Ozean, wird im Somme sicherlich katastophal überlaufen, aber im September müsste es ein Traum sein. Sollte man mal im Hinterkopf behalten. Dann vielleicht ein Apartment mieten und täglich in Les Halles einkaufen…

 

Den letzten Abend in dieser Bucht werden wir in irgendeinem Restaurant im historischen Kern verbringen und uns morgen auf den gemütlichen Weg nach Norden machen.

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