Wir wissen nicht, ob die Sommer hier im früheren Westpreußen immer so heiss sind. Aber 26 Grad morgens um acht sind schon recht sportlich.
Entgegen allen Gepflogenheiten frühstücken wir im Hanza Hotel. Wegen Corona gibt es kein Buffet, man ordert davor und eine hilfreiche Hand stapelt auf Teller. Es gibt Eier in jeder Form, Aufschnitt, Käse, Obst – allein drei verschiedenen Melonen – und beeindruckend viel mehr.
Nach dieser Opulenz muss man einfach spazieren gehen. Auf der linken Seite des Flusses landen wir in einer Kirche, in der gerade ein Gottesdienst abgehalten wird. Die Inbrunst, mit der hier gebetet wird, kennen wir aus den orthodoxen Kirchen Russlands. Um nicht zu stören, hauen wir ab.
Die Hitze macht einen fertig. Wir schlendern durch den Hafen, atmen den Geist der Philharmonie und den Zuckerguss des Waffelkiosks an der Hubbrücke ein. Gern würden wir auf die andere Flussseite wechseln, aber die Brücke bewegt sich nur im Halbstunden-Rhythmus. Wir sind zu faul, um den weiten Bogen zurück zu laufen. Also schmoren wir auf einer Bank, bis es wieder losgeht.
Danzig gefällt uns immer noch sehr gut. Wäre es nicht so heiss und drückend würden wir noch viel mehr laufen. So ist es am späten Mittag Zeit für eine Siesta.
Juan hat Zahnschmerzen. Ab nach Hause? Zunächst werden wir morgen früh um acht mal bei einem Zahnarzt vorsprechen. Wenn alle Stricke reißen, sind wir in acht Stunden in Hamburg.
Am späten Nachmittag stürzen wir uns noch mal ins Leben. Heute, am Sonntag, ist deutlich weniger los als gestern. Es gibt so viel zu gucken hier: prunkvolle Fassaden, tolle Gesichter, imposante Boote, poliertes Bernstein.
Wir haben uns in den Kopf gesetzt, heute Abend Schnitzel zu essen. In einer Brauerei direkt am Fluss gibt es erst einmal ein gutes Bier, dann für Juan in Rotwein gesottenen Wildschweinbauch auf Kartoffelpüree mit gelben Bohnen, für mich das Schnitzel. Direkt aus der Pfanne und sehr gut – aber sollte da nicht ein Spiegelei drauf sein? Kellner 1: „Yes, what is the problem?“ „The egg is missing.“ „I see.“ Kellner 2: „We used it for the breading.“ Me: „I see.“ Sogar der Himmel reagiert auf unser Gelächter – mit einem herannahenden Gewitter.
Der Abend wird bei einem Goldwasser beschlossen. Noch wissen wir nicht, wie Polen heute gewählt hat. Wie alles lassen wir auch das auf uns zukommen.Wir stellen uns eine frühen Wecker für den Zahnarzt. Draußen spielt das Gewitter ein bisschen verrückt. Mal sehen, wie es weitergeht…