Da ist es wieder: dieses unbestimmte Gefühl, schon Wochen unterwegs zu sein. Es ist ein gutes Gefühl. Um sechs Uhr morgens sind wir in Bernkastel puppenlustig. Frühstück erst ab 8:30? Kein Problem. Wir laufen ein bisschen in den Nebel über der Mosel. Sehr romantisch, auch ein bisschen gespenstisch. Retour im „Germania“ gibt’s Frühstück – alles prima. Irgendwie habe ich das Gefühl mit dem Chef – Pakistani, übrigens, kein Inder… – noch über den Zimmerpreis diskutieren zu müssen. Falsch! Er steckt die 60 Euro wortlos ein – auf Wiederrrrsehen.
8 Grad, noch vor neun Uhr morgens – nö, wir schlängeln uns nicht weiter an der Mosel entlang, sondern fahren auf direktem Weg nach Trier. Direkt neben der Porta Nigra finden wir einen legalen Parkplatz, gucken das romanische Bauwerk und die asiatischen Touristen an. Vor dem ersten Tourbus klettern wir auf das uralte Gemäuer – wir sind hier wirklich mutterseelenallein! Gucken in Ruhe alles an und hauen ab. Wir brauchen dringend einen Kaffee. Den gibt’s am Markt, wo sich gerade ein paar Leute auf die Mai-Demo vorbereiten. Das ist fast rührend! Im Bollerwagen wird Wein, Bier und Geselchtes mitgeführt, per Ghettoblaster kommt die launige Musik – und so demonstrieren sie friedlich für Europa.
Wir gucken kurz in den Dom, noch einmal auf die äusserst friedliche Demo und machen uns aus dem Staub. Uschi, unser Navi, wird instruiert, Luxemburg nur über kleinste Strassen zu durchfahren. Kurz für 1,28 getankt in Luxemburg, dann gehen wir über die Grenze und landen in Belgien. Gibt es dort eigentlich inzwischen eine Führerscheinpflicht? So, wie die fahren, mag man es bezweifeln. Eine kritische Situation meistert Juan durch ein huckeliges Ausweichmanöver. Hätte er es nicht gemacht, wäre ein geisteskranker Überholer frontal mit einem Lastwagen zusammengestossen. Wir wären auch kaum davongekommen… Gerade noch mal gut gegangen. Wir tun beide, als wäre nichts weiter geschehen, aber das war knapp!
Bald rollen wir in Frankreich ein. Ardennen, Soldatenfriedhöfe, Biker, Radfahrer. Und ganz viel Natur. Die Strassen, die wir uns aussuchen, sind sogar für Biker zu winzig, Ein Päuschen in Verviers, 80 Kilometer vor Épernay. Man kann sich ja freuen, überhaupt eine Bar zu finden. Alle die kleinen Restaurants und Bars – hier sind sie verschwunden. Viele, viele Orte hintereinander – keine einzige Gastronomie. Frankreich, was denkst du dir?
Nach einer kleinen Rundfahrt durch Épernay, dem Epizentrum des Champagners, checken wir ins Comfort Suites Hotel ein. In einer ausgebauten Kaserne ist, ca. zwei Kilometer vom Zentrum entfernt, ein Hotel entstanden. Komfortabel und mit 44 Euro pro Nacht auch preislich überaus überschaubar. Kleines Apartment mit Küchenzeile – perfekt!
Zum Essen wollen wir ins Centre Ville, möglichst ohne Auto, weil ja Wein fliessen soll. Also ordere ich einen Fahrer über Uber. Die Lady an der Rezeption, die ich befrage, ob Uber hier zuverlässig ist, schüttelt den Kopf. In Reims, ja da hätten sie Uber. Aber hier… In diesem Moment fährt unser Wagen vor…
In der Innenstadt stürzen wir in ein Restaurant, essen mittelgut, trinken hervorragenden Wein und laufen anschliessend die paar Kilometer zurück ins Hotel. Wir werden hier zwei Nächte bleiben – es soll ja alles ein bisschen ruhiger werden…
Während ich hier so vor mich hintippe, unterstützt Juan auf dem ipad Messi, der gerade im Championsleague Halbfinale gegen Klopp antritt. Ich tu, als würde ich nix mitkriegen…
Immer schön vorsichtig fahren. Ich sitze schließlich hinter euch. Mal links hinter Juan, mal rechts hinterm Öttchen.