Cachi macht sich fein

Der Himmel ist strahlend blau, keine Wolken zu sehen. Es ist zwar morgens gegen neun mit 8 Grad noch frisch, aber das soll sich ändern. Wir machen nach einem kleinen Frühstück einen Ausflug, nähern uns den Bergen. 16 Kilometer Piste, aber dafür mit malerischen Ausblicken. Selbst für Ozeanfreunde wie uns sind die Anblicke, die sich hier bieten, sensationell. Neun Gipfel,  einer davon schneebedeckt, zusammengefügt zu einem riesigen Ganzen. Erhaben mag das Wort sein. Aber die Strecke hat es wirklich wieder mal in sich. Wir fahren über den steinigen Pfad vorbei an einfachen Hütten, sehen Ziegen und Schafe, zusammengepfercht in Corrals.
Und dann wieder diese ungeheuren Kakteen. Zunächst einmal fahren wir an Zäunen vorbei, die aus großen Kakteen gebildet werden, dann landen wir wieder in einer Art Kakteenwald hoch oben in der Sierra. Wir klettern wieder mal auf knapp 3000 m Höhe. Toll. Hier und da finden sich ein paar Häuser, alle mit ihrem eigenen Backofen, von denen einige gerade im Betrieb sind. Wohl die meisten hier sind Selbstversorger, schlachten, backen, ernten, was sie fürs tägliche Leben benötigen. Egal, wie einfach die Hütte ist: Fast jede hat eine Parabolantenne. Kein Fenster, aber Fernseher.
Natürlich fragen wir uns auch, wie die Menschen hier leben. Einige haben relativ neue Pick-ups neben ihren Hütten. Bezahlt von den Erträgen aus der der eigenen Wirtschaft? Arbeitsplätze gibt es hier kaum, also muss jeder alles versuchen, um zu überleben. Das ist natürlich kaum nachvollziehbar für hanseatische Weicheier…
Für den Rückweg nach Cachí nehmen wir eine andere Straße. Hach, Straße! Langsam schuckeln wir voran. Die Täler, die wir durchfahren, sind grün, weil sie von einem Fluss gespeist werden. Der führt allerdings im Moment – wie die meisten anderen Flüsse in der Gegend – kaum Wasser. Dafür glänzen die Berge feucht, was allerdings eine optische Täuschung ist. Mineralien reflektieren das Sonnenlicht so, dass eine Glanzschicht zu entstehen scheint. Das Themometer ist übrigens auf fast 30 Grad geklettert. Wir spüren die Trockenheit in den Schleimhäuten, außerdem spannt die Haut.
Nach einigen Stunden zurück im Ort treffen wir auf einige Zig Touristen, die offenbar eine Tagestour von Salta oder Cafayate gebucht haben. Sie bevölkern die Restaurants rund um die Plaza. Wir haben auch Hunger, stellen das Auto am Hotel ab und fest, dass das Zimmer noch nicht gerichtet ist. Das ging nicht, weil wir den Schlüssel mitgenommen hatten. Also Schlüssel da lassen, ab in ein Restaurant. Juan möchte ein Churrasco, also ein ernstes Stück Fleisch, ich ein Schnitzel. Beides ausverkauft. Na gut. Dann ein paar Empanadas vorweg, hinterher eine Tira de Asado, also Gegrilltes zum Teilen. Empanadas sind auch aus. Egal, dann eben mit Salat und Pommes. Dazu einen Hauswein und Wasser. Plötzlich sind die Empanadas doch nicht mehr aus. Serviert wird aber das Fleisch, weshalb wir sie dann wieder abbestellen. So ganz einfach ist es hier nie mit dem Personal…
Nach einem Kaffee in einer anderen Bar legen wir noch einen Stop im ärchologischen Museum von Cachí ein. Trotz dem Touristenansturms auf dem Platz davor sind wir hier mutterseelenallein. Auch schön. Wir gucken und lesen, bevor es wieder raus in die Sonne zum Hotel geht.
Und da beginnt das Drama. Der Schlüssel zu unserem Zimmer ist nicht auffindbar. Die Frau, die uns empfängt, versteht die Welt nicht. Wir noch weniger. Es gibt keinen Zweitschlüssel. Der kleine Sohn der Haushaltshilfe kommt angerannt. Er habe den Schlüssel doch auf einen Haken gehängt. Da ist er aber nicht. Irgendwann kommt auch noch seine Mutter hinzu – nichts. Juan mutmaßt längst, dass sie versehentlich unseren Schlüssel anderen Gästen mitgegeben haben. Aber niemals! Inzwischen kommen noch zwei Paare an, Juan und ich lümmeln in einer Sitzgruppe. Und warten. Und warten. Und warten. Die Indianerinnen sind heillos überfordert. Als ich dummes Ding auch noch zu Juan sage, dass hoffentlich niemand unsere Bude ausgeräumt hat und dann mit dem Schlüssel abgehauen ist, ist es mit seiner Ruhe aus. Aber was tun? Er sagt den Frauen, dass sie einen Schlosser besorgen müssen. Und mir, dass er die Tür zur Not auch eintreten würde. Zwei geschlagene Stunden vergeuden wir, als endlich ein Paar eingetrudelt kommt, das neben dem eigenen auch unseren Schlüssel hat. Der lag in ihrem Zimmer, also haben sie ihn eingesteckt. Wir sind kurz davor, Schaum vorm Mund zu schlagen. Atmen. Atmen. Atmen. Dann machen wir endlich eine Pause in unserem Zimmer. Heute Abend wollen wir essen gehen – 24. Hochzeitstag. Und morgen früh raus auf die Ruta 40 Richtung Cafayate. Das wird ein heftiges Geschaukel, aber sei’s drum. Klitzings on the road again.

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