Bariloche – die argentinische Schweiz

Helle, wie wir sind, vergessen wir schon mal sofort, in Esquel beim Dealer unseres Vertrauens Dollar zu tauschen. Irgendwie haben wir das verklönt. Hinzu kommt, dass wir genauso wenig wie 42 Millionen Argentinier wissen, wie sich der Dollar in den nächsten Stunden und Tagen entwickeln wird. Macri ist den ersten Tag im Amt und es gibt bereits Spekulationen, dass der Kurs in schwindelnde Höhe schießen wird. Naja, dann haben wir ja alles richtig gemacht 🙂

Der Plan für die Fahrt nach Norden ist klar: Durch den Nationalpark Los Alerces nach El Botón, dann weiter nach Bariloche. Weil der Himmel grau ist und Regen in der Luft liegt, schenken wir uns den Park und damit 100 Kilometer Piste und fahren über die gewohnte Ruta 40. Die ist auch schlecht… Schlaglöcher, in denen man einen Smart versenken kann, plötzlich ein Sandpistenstück, manchmal Markierungen, dann wieder nicht. Wer das Abenteuer sucht… Belohnt werden wir allerdings mit der wunderschönen Natur. Im Moment blühen wilde Lupinen auf riesigen Flächen – soetwas haben wir noch nie gesehen. Auch die üppigen Ginsterbüsche links und rechts der meist gruseligen Straße versöhnen. Bildschön!

Zum Glück sind wir weder in Eile noch irgendwie nervös und kommen so recht entspannt gegen halb vier in Bariloche am. Genauer: in San Carlos de Bariloche. Das sagen aber nur deutsche Streber, also ich. Die Tourist Information in wenig ergiebig und noch schläfrig. Die Saison geht erst in ein, zwei Wochen richtig los; bis dahin müssen die Girls wach werden.
Die Region um San Carlos de Bariloche, den größten Ort der patagonischen Anden in der Provinz Río Negro, wird auch die „argentinische Schweiz “ genannt, denn vor allem Schweizer, Deutsche und Norditaliener sind in das Seengebiet eingewandert und haben dort ihre Spuren hinterlassen. Die Kordillerenstadt liegt inmitten der bewaldeten Berge Nordwestpatagoniens am Ufer des Sees Nahuel Huapí mit den vier Nationalparks Los Alerces, Lago Puelo, Nahuel Huapi und Lanín in nächster Umgebung.

Vom Hafen Puerto Pañuelos fahren Ausflugschiffe über den See zu Zielen wie dem Wald Arrayanes auf der Insel Victoria mit seinen rotrindigen Myrten. Vor allem Sportbegeisterte kommen in Bariloche auf ihre Kosten. Wandern, Rafting, Windsurfen, Angeln, Drachenfliegen, Ski fahren, Jagen, Reiten und sogar Tauchen werden geboten. 17 Kilometer von Bariloche entfernt, kann das Catedral-Skizentrum den Vergleich mit jedem großen Skiort in den Alpen standhalten.

Wir sehen ja mit eigenen Augen, was hier am wunderschönen See los ist: Irgend ein durchgeknallter Touristiker hat St. Moritz, Gstaad und Kitzbühel mit einer Prise Züricher Goldküste gemischt, kräftig durchgeschüttelt und damit den gewachsenen Ort Bariloche aufgemotzt. Natürlich nach mehrfachem Bildungsaufenthalt in der schönen Schweiz. Aus dem Gedächtnis wurden dann ein paar Chalets nachempfunden, mal gelungen, mal weniger. Im Winter treffen sich hier Skifans aus aller Welt, im Sommer sind es die Wanderer und Naturfreunde, die es in die Vorandenregion zieht. 

Umgekehrt wie an der Züricher Goldküste wurde der Bebauungsplan für das Ufer aufgestellt: Hotel, Hostel, Aparthotel, Bungalows und Cabañas, garniert mit ein paar wenigen luxuriösen Villen. Der Verkehr auf der Uferstrasse entspricht dem der Zürcher rush hour. Juans romantische Erinnerungen, die 40 Jahre alt sind, werden kräftig revidiert.

Das berühmte Hotel LlaoLlao hockt schläfrig 15 Kilometer weiter am Ende des Sees, ist trotz des Zimmerpreises ab 1200 Dollar pro Nacht komplett ausgebucht. Offenbar gönnen sich einige Chinesen den erlesenen Luxus. Wir sehen Grüppchen durch den dichten Wald trippeln.

Als nächstes kommt ein kleiner Abstecher in die Schweizer Kolonie, die ganz in der Nähe angesiedelt ist. Der Waldweg über Stock, Stein und 10 Kilometer macht uns nichts aus. Allerdings ist am Ende der Strecke nichts wirklich Schönes zu sehen. Ein paar Souvenirläden, Forellen statt Geschnetzeltem. Wir drehen auf dem Absatz um und gehen weiter unserer sportlichen Betätigung nach: Zimmersuche, möglichst etwas außerhalb der 130 000-Einwohner-Stadt. booking.com weist uns auf ein last minute Schnäppchen hin: Das Design Suites Hotel soll für zwei Nächte 150 offizielle Dollar statt 380 pro Nacht kosten. Das hält die Lady an der Rezeption für ein Gerücht, bis ich ihr die Buchungsbestätigung gebe. Sehr, sehr schnieke, der Laden. Da wir ein kleines bisschen reisemüde sind, genau das Richtige für uns. Dinner mit Blick auf den See. Sollte sich das regnerische Wetter morgen halten, bleiben wir einfach zu Hause und werfen uns ab und zu in den beheizten Innen- und Außenpool.

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