Es ist ja nicht so, dass wir uns nun auf die faule Haut legen. Eher ist das Gegenteil der Fall. Zum Glück spielt das Wetter halbwegs mit: Wechsel von Sonne und Wolken bei um die 15 Grad. Für die Vancouver-Leute ganz klar Frühling! Wir sehen überall kurze Röcke und Hosen, man macht sich frei. Wir sind froh, wenn wir uns nicht erkälten.
Um richtig warm zu werden, putzen wir Rosie erst einmal ordentlich, nachdem wir die Sitze in der Versenkung haben verschwinden lassen. Pebbles steuert einen Staubsauger und ein Verlängerungskabel bei, das diesen Begriff verdient hat. Danach sehen wir dann, dass wir doch ziemlich viel Platz in unserer kleinen Sardinenbüchse haben. Am Küchentisch gehen wir noch mal die Baupläne fürs Sofabett durch. Ich gucke auf schlau und bin mit schwierigen Rechenaufgaben wie 18 minus 4 behilflich, aber sonst nicht gerade der Stützpfeiler der Autoausbauer… Egal.
Shopping im Home Depot, der nordamerikanischen Antwort auf die Obis in Europa, ist der nächste Schritt. Es gibt viele dieser riesigen Heimwerkermärkte hier, einer nur ein paar Kilometer entfernt. Wo fangen wir an? Holzabteilung. Wie in den USA wird hier auch im imperialen System gerechnet, da sind wir mit unserem metrischen natürlich aufgeschmissen. Ein bisschen wundert es uns schon, denn eigentlich folgt ganz Kanada wie wir dem metrischen System, aber hier haut’s sie aus der Kurve. Wir haben ein Massband mit beiden Einheiten dabei, aber keinen Plan, welcher Hölzer wir wirklich wollen. Plywood? Mit dem Vokabelwerk bin ich hier ziemlich aufgeschmissen. Ich weiss ja nicht mal auf deutsch, was das alles so bedeutet.
Bevor wir uns hier zwischen Inch und Zentimeter in die Wicken kriegen, schnappe ich mir einen kleinen Chinesen für ein Fachgespräch. Er erklärt mir akzentreich, was er so im Angebot hat. Da sind sie wieder, all die schlimmen Wörter…
Es ist wie immer: Irgendwie wurschteln wir uns durch, laden Latten und Leisten zu einer grossen Spanplatte auf einen Wagen und steuern die Zuschneideabteilung an. Zwischendurch noch mal Chinesenschnapp: Wir können die Masse auch in Zentimetern angeben. No ploblem, m’am. Pfft… Armer, kleiner Chinese, kaum schieben wir unseren Wagen um die Kurve, sehen wir: jetzt hat er auch noch Schnibbeldienst und starrt rundäugig auf meinen Plan:
4x 122 x 45,5, 8x 30 und so weiter.
Er schneidet und schneidet für uns. Macht wirklich einen tollen Job! Hoffentlich haben wir uns nirgendwo dösig verrechnet. In dem Fall hätten wir ja schon mal ordentlich was fürs Lagerfeuer… Erstaunlich übrigens, mit welcher stoischen Gelassenheit sich die Kanadier hinter uns in der Holzabteilung einreihen. Kein doofes Wort, allgemeine Heiterkeit. Im Bauhaus hätten sie uns umgelegt. Das säuberlich geschnittene Holz packen wir schon mal in Rosie, ist ja schliesslich letztlich auch ein Bettsofa für sie… Dann geht es auf zur zweiten Tour durchs Home Depot. Winkel, Schrauben, Teppich, Malerplane. Pebbles hat heute morgen angeboten, uns ihre Bohrmaschine zu leihen. Sehr gut, gestrichen von unserer Liste.
Stunde um Stunde sind wir im Baumarkt unterwegs. Und haben noch nicht einmal etwas für heute Abend zu essen. Nächster Stopp an diesem Sonnabend also der nächstgelegene save on foods, hier schnappen wir ein fertiges, gebratenes Huhn, etwas Salat und ein Baguette. Fürs dringend nötige Bier müssen wir noch mal in einen Liquor store, zwischendurch bei Staples Kopien von den Autopapieren machen. Nur Stress!
Auf dem Rückweg endlich nach Hause schielen wir schon fast vor Müdigkeit, da macht Rosie einen Piep und zeitgleich ein gelbes Licht an. Nein, bitte nein… Es scheint laut Handbuch tatsächlich nichts Wildes zu sein, aber wir beschliessen überm ersten Bier, das Mädel doch mal bei Dodge vorsprechen zu lassen. Sicher ist sicher.
Es ist tatsächlich erst kurz nach Acht, wir haben schon gegessen und ein Bierchen gezischt, aber die Wahrheit ist: Wir sind so müde, dass uns einfach die Augen zufallen. Das wird ja wieder ein heiterer Rückfall ins Jetlag… Aber vielleicht können wir uns ja morgen ganz früh an die Strasse stellen und an Elke denken: Hier läuft dann der Vancouver Marathon – und Elkelein ist berühmt als enthusiastischer Zuschauer 🙂
Während ich hier schreibe, holt Juan Holz aus dem Auto und bereitet auf dem Küchenboden den Aufbau vor. Das wird alles richtig schön. Wenn nur Rosie bitte die Lichter ausmachen würde…