San Salvador hat uns heute Morgen trotz des guten Wetters wirklich nicht überrascht. Wir drehen zwar noch eine Ehrenrunde, machen uns dann aber davon. Der Törn ist nicht weit: Knapp 70 Kilometer sind es nach Purmamarca. Juan war hier schon mal, aber das ist Jahrzehnte her. Er schwärmt von den berühmten Farbspielen der Berge. Und die begeistern uns auch wirklich. Die Gegend war lange Zeit von den Omaguacas bewohnt, die den Spaniern erbitterten Widerstand leisteten. Mitte des 17. Jahrhunderts wurden sie jedoch besiegt und die Gegend christianisiert. Aus dieser Zeit gibt es noch ein Kirchlein mit extrem mürrischen Wächterinnen.
Purmamarca war mindestens bis in die frühen 1990er Jahre ein kleines, unbedeutendes und von der Landwirtschaft geprägtes Örtchen. Touristen ließen sich zwar blicken, doch die allermeisten nur für einen kurzen Fotostopp im Rahmen einer Tagestour durch die Quebrada de Humahuaca. Es gab nur einfache Unterkünfte für Budget-Reisende. Heute hat man Boutique-Hotels u d sogar ein, zwei Elegante Häuser mit angeschlossenem Spa. Zwar spürt man noch ein wenig des Charmes vergangener Jahrhunderte, aber tatsächlich in das ganze eher soetwas wie Disney World der indigenen Völker, arrangiert von marketinggeprägten Großstädtern geworden. Mindestens die Hälfte der Bevölkerung stammt aktuell aus Buenos Aires oder Córdoba. Die einen sind hergezogen, um Geschäfte zu machen, die anderen meditieren am Berg.
Wir sehen nur das Ergebnis der Anstrengungen der einen… Überall Marktstände, auf denen es im Prinzip dasselbe gibt: Ponchos, Decken, Hausschuhe, Socken, Pullover, Jacken. Überall steht das Schild „handgemacht“ und aus purer Lama oder Alpakawolle. Aber in der Sonne schimmert es verdächtig nach mausetoten Polyacrylen…
Aber wir kaufen ja sowieso nichts. Auch die gehäkelten Lamas, die Ton- und Holzarbeiten bleiben schön in Purmamarca.
Es gibt sogar eine kleine Shopping Mall… Wir essen dort im Schatten in einer Kneipe, in der auch drei Polizisten speisen, ChoriPan. Überall in Argentinien bekommt man ein aufgeschnittenes Baguettebrötchen, in das eine gegrillte Wurst gelegt wird. Zusammenklappen. Fertig. Hier gibt es ein rundes Brötchen mit Mayonnäse, einem Salatblatt, einem Würstchen. So eine Art Wurstburger… Wir laufen bei 28, 29 Grad noch ein bisschen herum, gucken uns die Berge an, die hoffentlich unverwüstlich vor uns aufragen – und hauen erstmal wieder ab.
Eigentlich wollten wir im Ort schlafen, dazu haben wir aber nun überhaupt keine Lust mehr. Juan klappert die umliegend Hotels und Hostels ab. Alles ordentlich teuer, weil man hier ja eine Alleinstellung hat. Eines gefällt uns ganz gut, die Luna Daniela. Kostet auch 860 Pesos, aber was soll es.
Bevor wir einchecken, machen wir aber erst einmal einen schönen Ausflug, fahren ungefähr 25 Kilmeter nach Tilcara. Diesen Ort, sagt Juan, kennt jeder in Argentinien. Wer touristisch im Norden unterwegs ist, kommt auch hierher. Na gut. Wir sind ja auch da. Aber überschaubar kurz, weil wir nicht so recht wissen, was uns das Dörflein sagen will. Außer natürlich, dass es umgeben ist von großartiger Natur. Und dass es paar Hippies durch die Gegend trödeln.
Die Natur begleitet uns auch weiterhin auf dem Weg durch die Quebrada de Humahuaca, die nahe San Salvador de Jujuy auf 1259 m beginnt und über etwa 150 Kilometer bis zur Stadt Humahuaca 2950 m ansteigt.
Die Quebrada de Humahuaca wurde 2003 von der UNESCO als Teil des Inka-Pfades zum Welterbe erklärt. Die Schlucht wird vom Fluss Rio Grande de Jujuy beherrscht, der immer wieder die Straße und die stillgelegte Bahnlinie nach Humahuaca beschädigt. Das tut er im Moment allerdings keineswegs, denn er ist so gut wie ausgetrocknet.
Im Ort Humahuaca ist beinahe das gesamte Zentrum noch in der Architektur des beginnenden 19. Jahrhunderts erhalten. Ganz beeindruckend: das Denkmal Monumento a los Héroes de la Independencia (Denkmal für die Helden der Unabhängigkeit), das der argentinischen Nordarmee gewidmet ist, die in der Nähe von Humahuaca während des Unabhängigkeitskrieges gegen Spanien vierzehn Schlachten geschlagen hat. Mitsamt ihren Vororten hat die Stadt etwa 15 000 Einwohner, von denen ein Großteil von den Ureinwohnern der Kollaa und Omahuacas abstammen (Danke, Wikipedianer).
Der Rückweg durch die Schlucht bietet in der untergehenden Sonne wieder tolle Aussichten. Gegen sechs trudeln wir dann in unserem Hotel ein, hängen uns ein bisschen ins schüttere wifi, freuen uns über Nachrichten aus Winsen, Nazare und Grossenkneten und gucken aufs Bergmassiv. Es ist kühl, die Sonne fast weg. Ausgerechnet heute ist Ruhetag im hoteleigenen Restaurant, also müssen wir später noch einmal los. Doof, ist aber so. Außerdem müssen wir früh ins Bett, denn morgen geht es über den großen Berg, den Paso de Jama, nach Chile. Jedenfalls aus heutiger Sicht 🙂