Noch vor dem Frühstück war nicht klar, was wir heute machen würden: Zurück über den kruden Pass und der Ruta 33 nach Salta? Oder doch über die berühmte Ruta 40 nach Cafayate? Wir haben gefragt und gefragt. Mehr oder weniger überall gab es die gleiche Antwort: kann man machen. Einige fanden die Straße sogar völlig unproblematisch.
Na gut. Dann mal los. Die gesamte Strecke ist 155 km lang und nicht asphaltiert. Das ist bekannt. Vorsichtshalber schalten wir nach dem Tanken und sofort auf der 40 die 4×4 zu. Das Problem ist weniger der Ripio, also die Schotterpiste, als vielmehr die kleinen Steine, die die ganze Kiste leicht rutschen lassen. Dass es ruckelt und zuckelt – geschenkt. Die ersten 15, 20 Kilometer bekommt man das noch sehr gut mit, dann hat man sich auch daran gewöhnt. Und kann auch mal nach draußen gucken.
Das Schauspiel, das auf dieser Strecke der 40 gegeben wird, ist furios. Wir fahren – zunächst immer auch eine Höhe von ca. 2200 m – bei strahlendem Sonnenschein an grünen Tälern vorbei, queren Gewässer und Wasserlöcher und sind fast berauscht von dieser großartigen Natur, die sich uns hier bietet. In einem kleinen Kaff machen wir einen Stop vor einer Kirche. Dort treffen wir zwei Frauen, die wir gestern Abend schon im Restaurant gesehen haben. Mutter und Tochter aus der Nähe von Bern. Die Tochter hat gerade ein Stipendium in Buenos Aires, Mutti ist Besuch. Von der Capital Federal sind sie nach Salta geflogen, Mutti hat das erste Mal im Leben ein Auto gemietet, das sie nun auch allein fährt. Und zwar ausgesprochen rasant.
Wilde Kurven, wilde Rutschtouren und wundervolle Panoramen später treffen wir die beiden Schweizerinnen nochmal bei einer Kirche aus dem 17. Jahrhundert. Wir alle hätten gern einen Kaffee, doch die Maschine ist kaputt. Also nur wieder Wasser. Das nervt auch ein älteres deutsches Pärchen, das hier ebenfalls anhält. Die beiden wirken zwar auf den ersten Blick schon ziemlich klapprig, genießen ihre 4-Wochen-Reise durch Argentinien mit dem Mietwagen trotz rudimentärer Sprachkenntnisse aber sehr. „Wir sind schon ganz andere Schotterstrassen gefahren. Hauptsache, die Reifen halten.“ Und schon gibt der gute Mann ordentlich Gas. Hertz wird sich freuen, wenn die Kiste wieder im Stall steht… Auch die Schweizerinnen rauschen an uns vorbei, denn wir halten öfters, fotografieren und staunen, staunen, staunen. Und Juan schont das Grauchen und seine neuen Reifen. Ist eben kein Mietwagen.
Die unterschiedlichen Farben der Felsen faszinieren uns, die ausgetrockneten Flussbetten, der stahlblaue Himmel. Einmal meinen wir Kondore gesehen zu haben. Aber vielleicht waren es auch andere Vögel. Wir werden es nie erfahren.
Kilometer um Kilometer geht es weiter. Durch Felsen, in die ein schmaler Durchlass gesprengt wurden, rauf und runter, vorbei an kleinen Siedlungen und Kirchlein. Mal ist die Schotterpiste sandiger, mal steiniger. Glatt und einfach ist sie nie. Das Geräusch, das es gibt, wenn man über eine klapprige Holzbohlenbrücke fährt, muss man auch mögen. Oder den auf engster Straße entgegenkommenden Laster, der mit Gasflaschen voll beladen ist. Im Leben hätten wir nich gedacht, dass eine so berühmte, oft beschriebene Straße manchmal mickriger als ein Holsteiner Felsweg ist!
Fast sechs Stunden sind wir auf der RN 40 unterwegs. 155 Kilometer liegen hinter uns, gespickt mit unvergesslichen Eindrücken. Die Tour war wirklich anstrengend, für Juan natürlich noch weit mehr, als für mich. Aber wir sind beide froh, dass wir diese Strecke genommen haben. Unterwegs sind wir einigen Mororradfahrern begegnet. Die wissen heute Abend auch, was sie hinter sich haben.
Wir kommen an riesigen Weinfeldern noch immer bei Sonne in Cafayate an, sehen uns ein bisschen um. Juan fragt in verschiedenen Hotels nach Zimmern, bis wir im Takulaku die Füße hochlegen. Wir haben Hunger und Durst, aber es ist noch nicht einmal 6. Vor 8 brauchen wir gar nicht versuchen, etwas Essbares in einem Restaurant zu finden.