Schiff ahoi?

Der Tag ist schnell erzählt: Juan hält Kontakt zu den beiden Reedereien, denen wir unser Grauchen für eine Reise in die USA anvertrauen würden, ich Ausschau über vesselfinder, um zu orten, wo sich die infrage kommenden Schiffe befinden. Eines, auf das wir unsere Hoffnung setzen, dümpelt offenbar auf Reede vor Montevideo, soll aber demnächst Kurs auf Zarate nehmen. Ein anderer Transport hat sich zerschlagen, weil das Auto am 23.1. angeliefert werden müsste – da sind wir schon weg. Dieser poder, also die Vollmacht, ist leider ein heikles Unternehmen. Wir können sie nicht einmal an ein Familienmitglied weitergeben, das das Fahrzeug zum Zoll fahren würde. Alles muss man selbst machen.

Das Warten zermürbt schon ein bisschen. Wir schnacken per FaceTime mit den Hinnis, die nächsten Dienstag mit Bille sechs Wochen nach Indien abrauschen. Im Hintergrund sehe ich Schnee. Andrea erzählt mir von Glatteis auf dem Hof: Pferde und Hunde schliddern wie nichts Gutes. Und morgen soll es Eisregen geben. Außerdem ist sie erkältet. Das sind leider auch jederzeit liebsten Winsener, wie mir Jörg und mein liebster Peking-Stepp berichten. Hoffentlich geht es allen sehr schnell wieder gut.

Hier ist es immer noch puschelig warm, aber mit 26 Grad nicht ganz so drückend heiß. Die argentinischen Kinder bekommen heute, am Dreikönigstag, ihre Weihnachtsgeschenke. Damit es ordentlich etwas gibt, haben sie gestern Abend etwas Gras und Wasser vor die Tür gestellt: für die Kamele. Erstaunlicherweise ist dieser 6. Januar jedoch ein Arbeitstag. Wundert mich, wo doch eigentlich jedes noch so müde Ereignis zum Anlass genommen wird, in diesem Land einen nationalen Feiertag auszurufen… Aber ich muss ja auch nicht alles verstehen.

Ich gehe heute jedenfalls keinen Schritt vor die Tür. Juan trifft sich nachmittags mit seinem Bruder in einem Café. Derweil gucke ich in der ZDF Mediathek einen kruden Krimi über einen Moorleichenmord mit Robert Atzorn. Das Buch ist so dermaßen schlecht und unglaubwürdig, dass ich beschließe, mit meinem amerikanischen Drehbuchkurs online weiterzumachen. Der Slang des Dozenten hält mich wach.

Juan ist gegen sieben rechtzeitig zu einem tollen Sonnenuntergang wieder da und hat eingekauft. Frische Nudeln. Eine Platte Ravioli (hab ich so noch nie gesehen) für sich, Linguine für mich. Gibt es mit einem Stich Butter – fertig.

Das Geschreie in den politischen Sendungen des argentinischen Fernsehens stehe ich heute nicht mehr durch. Während sich Juan im Wohnzimmer über alles Gezeigte schön ärgert, lese ich noch ein paar Seiten Grisham. „Die Erbin“. Es lebe die online-Bibliothek Skoobe…

 

 

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