Halb so gross wie Berlin, knapp 1,5 Millionen Einwohner – Prag ist eine Grossstadt mit erheblicher Ausdehnung und exquisiten öffentlichen Verkehrsmitteln. Allen voran das gut ausgebaute Strassenbahnnetz, das in Teilen schon bestanden hat, als englische Bomben in den letzten Tagen des zweiten Weltkriegs hier einschlugen.
Ganz anders als in Berlin haben die Bomben hier erheblich weniger Schaden eingerichtet, und so findet man, wohin man auch blickt, gut erhaltene Zeugnisse klassizistischer und jugenstilistischer Architektur. Und an der Moldau wie einen gekonnten, modernistischen Stilbruch das tanzende Haus des Architekten Frank Gehry.
Es ist kalt in Prag, die ausgewiesenen 0 Grad sinken durch scharfen Wind auf gefühlte -5, ab und zu tanzt sogar mal eine Schneeflocke durch die Gegend.
Wir sind früh auf dem Beinen, weil ziemlich weit entfernt ein Flohmarkt lockt, der zu den grössten Europas gehöen soll. Strassenbahn, ein paar Kronen Eintritt, und schon wandern wir durch eine Anhäufung an Wahnsinn. Viele billige Klamotten und ebenso praktische wie unansehnliche Schuhe, plünnigrr Hausrat und auch ein paar Sätze Autoreifen mit oder ohne Felge, ein bisschen böhmischer Nippes. Alles in allem: Unspektakulär und eben fies kalt.
Wir haben noch einen anderen Markt im Ärmel, direkt an der Moldau, abseits des touristischen Rummels. Quer durch die Stadt fahren wir zum Fluss – hier rummelt gar nichts. Wahrscheinlich findet der Markt ab Frühling statt. Oder irgendwann. Wir rennen wegen der Kälte fast mehr als dass wir laufen.
In der Altstadt ist erwartungsgemäß viel los. An der mittelalterlichen astronomischen Uhr bilden sich Gruppen um mehrsprachige Guides, in den kopfsteingepflasterten Gassen muss man aufpassen auf vereiste Pfützen.
Eigentlich haben wir Lust, uns bei einer heissen Schokolade aufzuwärmen, aber die meisten Läden hier sind to go oder to forget about it. Also wieder Strassenbahn Richtung Apartment. Wir steigen aus und werden wie magnetisch angezogen von einem aufgehängten halben Plastikschwein. Dahinter verbirgt sich eine Art Schlachtparadies mit deftigsten Speisen zum Grundnahrungsmittel Bier.
Reizvoll, aber zu kalt. Gegenüber sehen wir das Restaurant Lokal. Offenbar das Mutterhaus der Schlachter! Wir sind die einzigen Fremden unter schmausenden Tschechen, essen Süppchen und Sauerfleisch zum Bier, kriegen noch eine Art Berliner geschenkt und lauschen fröhlich dem Akkordeonspieler, der auch zugeknöpfte Tschechen zum Singen bringt. Nach diesem kulinarischen und kulturellen Exzess: Ausruhen in unserer Wohnung.
Noch einmal die Nase vor die Tür: Ganz in der Nähe, hier in unserem Viertel Karlín, finden wir ein traditionelles Caféhaus. Genau richtig für zwei Durchgefrorene, denen der Sinn nach einer heissen Schokolade steht. Danach wird sich im Apartment eingeigelt; morgen ist ja auch noch ein Tag.