Le Mans, Poitiers und Angoulême

Morgens kurz vor sieben steht das Thermometer in Le Mans bei -1 Grad, Eigentlich sollte man sich die Decke noch einmal über den Kopf ziehen und hoffen, dass die Kältewelle schnell vorübergeht. Stattdessen zieh ich schnell irgendwas an und versuche, an Rezeption oder Frühstücksbüffet des Hotel La Pommeraie an Kaffee zu kommen. Gelingt, nachdem ich einen Klingelknopf gefunden habe.

 

Beim Käffchen machen wir Pläne. Bordeaux? Noch zu weit. Tours? Och… Also Poitiers. Diese Stadt in Aquitanien haben wir schon länger auf dem Zettel. Die mittelalterliche Geschichte kennen wir so gut wie… Gelogen, aber ein bisschen wissen wir schon. Vielleicht hat es ja einen Grund, aus dem wir mindestens vier-, fünfmal an Poitiers vorbeigerauscht sind. Um ein bisschen mehr von dieser Ecke Frankreichs zu sehen, fahren wir via Landstrasse. 

 

Im Vallee du Loir muss ich mal eben nachlesen, wo denn hier das „e“ geblieben ist. Aha: Es gibt Le Loir und natürlich die berühmte grosse Schwester, La Loire. Schon jetzt entdecken wir feine Schlösschen, Herrenhäuser und Gehöfte. In den Dörfern ist nichts los, dafür gibt es Automaten für frisches Baguette oder auch mal eine Pizza. Die Landschaft wechselt von rau zu lieblich und wieder zurück. Einen langen Abschnitt fahren wir über eine schnurgerade Strasse, auf der höchstens mal vor Wildschweinen und Rehen gewarnt wird. Wir sehen überhaupt nichts Wildes, dafür aber bald die Vororte von Poitiers. Und dazu etwas Regen.

 

Keine guten Vorzeichen, und wahrscheinlich tun wir Poitiers auch unrecht: Langweilig. Parkhaus, unspektakuläre Plat du jour in einer Brasserie. Und nun? Wir hatten überlegt, zwei Tage in Poitiers zu bleiben, tatsächlich haben wir schon nach zwei Stunden die Nase voll. Aber Wochenende in Bordeaux?

 

Wir machen einen Kompromiss mit uns, planen einen Stopp in Angoulême. Darüber wissen wir überhaupt nichts. Also mal fix gucken, was da los ist. Über die N10 und dann direkt ins Centre. Schockverliebt! Mittelalter, viel Bebauung aus dem 17. und 18. Jahrhundert diversen Louis nachempfunden. Hübsch! Und zwar das historische Zentrum, das auf einem Hügel hoch über der Charente thront. Lustlos hatten wir schon mal ein Hotel ausgeguckt, mit Vorfreude checken wir direkt ein und lassen das Auto im abgeschlossenen Hinterhof.

 

Das Hotel Européen ist hell und praktisch, liegt im historischen Zentrum und damit genau dort, wo wir uns mal umsehen wollen. Eine nette Frau an der Rezeption weist uns den Weg, und aufwärts geht es. Beeindruckend die Église Martial, aber erst das Rathaus! Über eine Fussgängerzone, vorbei an unzähligen Bars und Restaurants, landen wir vorm Justizpalast, auf den Paris neidisch sein könnte. Rundherum übrigens kleine, interessante Boutiquen, keine Ketten, sondern sehr individuelle Geschäfte. Wir laufen weiter und sehen schon von weitem die mächtige Kathedrale, die wir auf den letzten Drücker sogar noch besuchen können. Sehr imposant, riesig.

 

Der Blick von dort über über die Stadt und das umliegende Land hat bei untergehender Sonne etwas Mystisches. Der Zauber von Angoulême nimmt uns gefangen. Das erschöpft, also lassen wir uns im eng besetzten Chez H nieder, einem echten Chinesen, der Nudeln und mehr selber macht. Sehr wohlschmeckend, sehr chinesisch.

 

Die letzten Meter zum Hotel taumeln wir mausemüde fast mehr, als würden wir marschieren. Sehr schön, dieser 40000-Einwohnerort, sehr müde, diese Klitzings.

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