Sweet Seattle

Bilderbuch-Tag! Strahlend blauer Himmel, Sonne, 23 Grad und eine leichte Brise vom Meer. Wunderbar. Das Frühstück ist gut, das Publikum im Marriott spürbar besser als in den meisten Motels, in die es uns auf dieser Reise bisher verschlagen hat.

 

An der Rezeption frage ich, ob es eine Zugverbindung von Mukilteo (kann ich mir unter keinen Umständen merken…) nach downtown Seattle gibt. „Ich glaube nicht.“ Glauben? Ich bitte das unwirsche Frollein, aus dem Glauben Gewissheit werden zu lassen. Mürrisch wendet sie sich dem Computer zu. „Tatsächlich, gibt es.“ Vielleicht einen Ausdruck..? „Ja. Aber Sonnabend fahren die Züge nicht.“ Ist die doof? Ja.

 

Eine andere Möglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Seattle zu kommen, ist der Bus. Der braucht 1:40 für 35 Kilometer… Also suchen wir uns brav ein Parkhaus downtown, informieren Uschi und sind mit Rosie on the road again.

 

Was für ein Anblick! Hinter der berühmten Needle (das ist der Fernsehturm) zeigt sich sogar der Mount St. Helens mit seiner Schneemütze. Seattle ist wirklich eine schöne Stadt. Neben der I-5, über die wir fahren, sehen wir tolle Hafenanlagen mit schönen Yachten, vor uns die Skyline der Stadt mit ihren Wolkenkratzern. Eine knappe Million Menschen leben hier, im Grossraum wesentlich mehr.

 

Uschi bringt uns über Strassen, die vom Gefälle her an San Francisco erinnern, direkt ins Parkhaus. Erst einmal runter ans Wasser, dann schlendern wir gemütlich durch die Innenstadt Richtung Markt. Es ist viel los in der Stadt. Due meisten Touristen kommen offenbar aus den USA oder aus Kanada, aber natürlich mischen sich auch ganz viele Chinesen unters Volk.

 

Glänzende Wolkenkratzer, elegantes Artdéco, kleine Restaurants und Boutiquen auf der First Avenue – hübsch! Ich frage mal jemanden nach dem Weg: „Vier blocks nördlich, könnt ihr gar nicht verfehlen – da herrscht Chaos.“ Das stimmt! Ein Gewusel aus Menschen und Sprachen und Gerüchen und Farben. In den Markthallen werden Blumen und Fisch, Obst und Gemüse, Schmuck und Klamotten verkauft, davor sieht es auf mehreren Ebenen ähnlich aus. In einer der kleinen Brauereien trinken wir ein Zischbier – Czech Pilsner. Schmeckt wirklich gut. Die Brauerei hat vor allem eine schöne Kneipe mit Traumblick über den Sound. Ganz untypisch für Amerika sitzen die Leute an langen Holztischen auf Bänken Seite an Seite. Bisschen wie in Bayern.

 

Zwar waren wir schon mal in Seattle, aber das ist lange her und alles scheint Neuland. Hat sicher auch mit diesem sensationellen Wetter zu tun. Auf einer Karte, die wir uns in einem Hotel erschleichen, sehen wir China town – das zieht uns magnetisch an. Natürlich zu Fuss, allerdings völlig unbedarft auch ein Stück durch eine Gegend, die man besser wohl meiden sollte. Junkies, Säufer, Irre, alles durcheinander. In Lumpen gehüllte Gestalten schreien urplötzlich schrill auf, machen wilde Bewegungen oder schlafen einfach auf dem Trottoir – besser, man haut ab…

 

China town hat zwar das klassische Tor und die zweisprachige Strassenbeschriftung, sonst aber kaum etwas zu bieten. Nicht zu vergleichen mit unserem wunderbaren San Francisco! Wir hauen bald wieder ab, ungehen geschickt das düstere Viertel und gucken uns noch einen Panzer und einen alten Polizeiwagen an. Beide werden am Abend zum Einsatz kommen, wenn rund eine halbe Million Menschen eine Parade beklatschen werden, erfahre ich von einem vor sich hindösenden Militärmenschen. Das ist sicher nichts für uns, als hauen wir ab. Bei der Ausfahrt sehen wir die Zeltstädte, die Armut unter den Brücken. Seattle gilt als eine der lebenswertesten Städte Nordamerikas. Aber für viele Menschen scheint die Stadt die Endstation zu sein. Make America great again? Es gibt hier erschreckend viele Menschen, die ihre Träume längst ausgeträumt haben.

 

Kurz vorm Hotel suchen wir einen Walmart, kaufen Wein und Pizza und sind rechtzeitig zum Anpfiff des clasico wieder im Zimmer. Real Madrid und der FC Barcelona treffen bei irgendeinem Cup in Miami aufeinander, wir gucken zu. Barcelona gewinnt.

 

Ein schöner Tag!

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