Schnurrt und läuft wieder

Frühstück gibt es in unserem Luxustempel im Zimmer. Ziemlich überschaubar von der Auswahl, aber gut gemeint. Uns steht der Sinn ohnehin nicht nach Essen, wir müssen relativ früh mit dem Grauchen in der Werkstatt sein. Die liegt am ganz anderen Ende der Stadt hoch am Berg. Ein ehemaliger Nissan-Mechaniker hat sich hier mit einem Kumpel in der Garage seines Eigenheims selbständig gemacht. Die beiden horchen den Motor ab und schicken uns weg. So gegen drei wäre das Auto fertig. Sie kriegen es hin? Natürlich!

Wir haben einige Stunden vor und, schnappen die wichtigsten Wertsachen – Rucksack und Pacsafe – und ein Taxi. Das entpuppt sich als collectivo: Wer winkt, wird mitgenommen, also ist das Auto immer voll. Wir zahlen für die Halbstundenfahrt zusammen knapp 1,50. Erst in der Stadt stellt Juan fest, dass er seine Jacke im Auto vergessen hat. Zum Aufwärmen also erst in ein Café, dann in eine Mall, wo ein mausgrauer Hoodie gegen den frischen Weg erstanden wird.

Und weil wir so fürchterlich viel Zeit haben, geht Juan zum Friseur. Geplant ist ein Zentimeter, aber die Friseurin ist offenbar zu doof, das zu kapieren. Die Matte fällt, mit ihr die Mundwinkel. Juan ist richtig, richtig sauer. Nur der Anruf des Mechanikers vertreibt die üble Laune: Grauchen ist fertig. Es ist kurz nach zwei.

Taxi in die Wallachei – und da steht und schnurrt das Grauchen. Wir sind überglücklich, denn wir haben bereits die finstersten Szenarien durchgespielt. Für ihren 5-Stunden-Job inklusive Ersatzteil wollen sie knapp 100 Euro, wir geben noch 20 Tipp. Die Jungs haben wirklich gut gearbeitet. Kleines Detail am Rande: Das Nummernschild vorn war einseitig mit einem Draht befestigt. Das haben sie nun auch richtig gemacht und zusätzlich noch das Licht kontrolliert. Tolle Mechaniker, wir werden sie auf panamericana travellers unbedingt empfehlen.

Puerto Montt verlassen wir nach einem Zwischenstopp bei einem Supermarkt, um Wein zu horten, und einer Wechselstube. Die chilenischen Pesos kann man außer mit viel Verlust in Südamerika nirgendwo auf der Welt tauschen. Also machen wir den Rest bis auf eine kleine Reserve wegen der Mautstellen zu Dollars.

Kaum sind wir auf der Autobahn 5 Richtung Osorno, sehen wir, dass der Himmel aufgeklart ist und den unvernebelten Blick auf die Vulkane freigibt. Besonders der Osorno, ein freistehender Berg, der sehr an den Kilimandscharo erinnert, hat es uns angetan. Es gibt ein paar Bilderchen, aber keinen Stop. Es ist halb fünf und der Grenzübergang nach Argentinien wird um 19 Uhr geschlossen. Also kein Getrödel. Wir genießen die Fahrt durch die in Sonne getauchte Landschaft, fahren die 220 Kilometer bis zur chilenischen Grenze in einem Nationalpark. Das Seengebiet könnte auch in Bayern oder der Schweiz liegen. Wirklich schön! 

An der Grenze tauschen wir auch noch die allerletzten Dollars, bevor wir auschecken. Lange Schlangen haben sich gebildet; viele wollen noch ausreisen. Irgendwann haben wir unsere Stempel und knapp 30 Kilometer Passstrasse bis zur argentinischen Kontrolle vor uns. Es ist halb sieben und die Schlange steht bis draußen vor der Tür. Die Einreise für uns ist bald erledigt, dann allerdings kommt die zeitweise Einführung des Autos, vorgenommen von der trostlosesten Zöllnerin, die wir auf dieser Reise getroffen haben. Sie ist nicht nur mürrisch und langsam, sondern versteht auch nur Bahnhof. Die Schlange hinter uns wird langsam unruhig, das Reinigungspersonal ist längst aktiv, weil es nach sieben ist. Und unsere Beamtin liest zum zehnten Mal die Unterlagen. Als wir endlich die Papiere haben, ist es kurz vor acht. Zum Glück wird das Auto schnell zu Ungunsten unserer Butter von einer Zöllberin überprüft – und wir sind endlich in Argentinien. Unser Ziel: ein Hotel mit Restaurant in Villa La Angostura, sowas Ähnliches wie Lake Louise in British Columbia.

Das erste Hotel, ein ACA Hosteria Betrieb, will knapp 200 Dollar. Bitte?!? Wir schnorren irgendwo ein wifi und gucken bei booking.com. Es geht auch für 65. Irgendwo im tiefen Wald. Die Hütte ist allerdings wirklich schön. Dass die Köchin Urlaub hat, ist doof, aber so ist es nun einmal. Wir wollen nur ein Schnitzel und einen Wein, müssen aber wieder die vier Kilometer Waldweg in den Ort zurück. Die Empfehlung unseres Hotelmanagers ist geschlossen (…), dafür gibt es gegenüber ein Restaurant namens Alma fuerte. Die „starke Seele“ hat alles, was wir uns wünschen und beschallt mit gutem Jazz. Wir sind die einzigen Gäste und fühlen uns wohl. Der Rückweg in den tiefen Wald ist mithilfe eines edlen Malbecs ein Kinderspiel. Juan schläft schon, bevor er zugedeckt ist. Was für ein Tag!

 

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