Sauer im Sauerland

Nach einer sommerlichen Phase hat es sich das Wetter in Hamburg heute anders überlegt: Es regnet, ist mit 9 Grad kühl und ungemütlich. Wir werfen das sperrige Gepäck ins Auto und fahren kurz nach acht trotzdem los. Die Richtung ist klar: Südwesten. Alles andere wird sich zeigen.

 

Nach exakt 100 km fahren wir in Hodenhagen von der Autobahn ab – von jetzt an geht’s über die Landstrassen. Beim Edeka-Bäcker Frühstück für 3,95: knackige Brötchen, Aufschnitt, Käse, Kaffee. Und nun geht es richtig los. Unser Tagesziel heisst Bad Berleburg, weil es fast klingt wie Bad Birnbach in Bayern (und das war sehr schön). Die Lage zu verschiedenen Golfplätzen war ausschlaggebend, ausserdem die Entfernung von knapp über 300 km.

 

Wir entdecken wunderschöne Ecken von Niedersachsen, fahren durch blühenden Raps und Wälder, durch Orte wie Grethem und Rodewald durchs Aller-Leine-Tal, queren in Rinteln die Weser und sehen Husum mit anderen Augen: ein Fachwerkdörfchen in Nordrhein-Westfalen. Das Grün ist üppig, Orte wie Bad Rehburg, Grossmarpe, Holstenhöfen und Blomberg idyllisch. Vom 800 Jahre alten Ebbinghausen haben wir nie gehört, auch Atteln und Essentho führen uns ins völlig unbekannte Hochsauerland. An der Diemeltalsperre wollen wir kurz halten, aber der Regen vermiest uns den Gang über die flache Sperre. Der Blick auf den See ist schön, wie voll es im Sommer sein wird, gut vorstellbar.

 

Nicht erst im sauerländischen Willingen mit seinen ungezählten Hotels und Kneipen fällt uns auf, wie viele Holländer hier in der Gegend unterwegs sind. Was tun die alle hier? Es wird sich aufklären. Der Kahle Asten, ein winterliches Skigebiet, zieht auch im Frühjahr und Sommer viele Touristen an. Wanderer und Kletterer, Spaziergänger aus all den nahen Bädern. Wegen des miesen Wetters machen wir heute kein einziges Foto.

 

Und nun Bad Berleburg. Es regnet und windet auf dem Golfplatz Wittgensteiner Land, den wir uns zur Orientierung schon mal angucken. Tja… Tja setzt sich in ganz Bad Berleburg fort. Die Zimmersuche gestaltet sich schwierig, aber im „Berleburger Hof“ lässt sich die Besitzerin, die hier die One-Woman-Show gibt, breitschlagen, ein Zimmer für uns zu richten. Das Zimmermädchen ist krank, also muss sie selber ran. Es ist kurz nach sechs, wir gehen derweil etwas essen. Auch nicht einfach: Was nicht geschlossen ist, ist so voll, dass Bedienung und Küche restlos überfordert sind. Nach Zwischenstopp in einem räudigen Gasthof landen wir auf dem Schlossplatz. Ein Grieche, ein Chinese (zu), eine auf fein machende „Alte Schule“ in solidem Fachwerk. Dafür entscheiden wir uns – falsch.

Bemüht und teuer – das fehlt uns heute gerade noch. Wir mümmeln müde und mürrisch und wollen endlich ins Hotel. Da erwartet uns Frau Wirtin mit einer Überraschung: Es gibt kein Zimmer für uns. Während sie putzte wurden die beiden letzten Zimmer per booking.com an zwei Türken vermietet, denen sie vorher schon persönlich abgesagt hatte. Wirre Geschichte. Unterm Strich stehen wir zimmerlos im Regen, sind sauer und zu müde, um einen Affenaufstand aufzuführen. Und letztlich: Was hätte das gebracht?

Juan findet das Landhaus Nordenau, 25 Kilometer nördlich mitten im Rothaargebirge. Wieder im Skigebiet, haben wir endlich eine Hütte. Auf dem Parkplatz: Holländer. Der Wirt: Holländer. Von dem hören wir, dass 75 Prozent der Touristen im Sauerland Niederländer sind. Und 50 Prozent der Gastronomen. Weil es so nah ist, Berge vorhanden und billig. Er selbst habe sein 18-Zimmer-Hotel 2012 für 250 000 Euro gekauft. „Dafür kriegst du in Holland kein freistehendes Haus.“ Nun also im Sauerland, zweisprachige Karte, Restaurant (schon zu um kurz nach acht), aber Blick offen ins Tal. Atemberaubend! Wir kriegen noch ein Bier aus dem Kühlschrank, aber kaum die Augen mehr auf. Um zehn ist das Licht aus…

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